Gibt es eine Suchtverlagerung («Umsteigeeffekt»)?

Alkoholkranke, die anfangen, abstinent zu leben, berichten über erhöhten Konsum von Zigaretten, Kaffee, Mineralwasser usw. Man könnte auch sagen, sie «steigen um» auf andere Mittel. Hat sich also jetzt die Alkoholsucht verlagert?

Wie wir wissen, wird der Alkohol vom Abhängigen meist seiner Wirkung wegen benutzt. Trinkt er jetzt keinen Alkohol mehr, so steht er — zumindest anfangs — seinen Problemen recht hilflos gegenüber. Die Angst ist ja noch vorhanden, die er vorher «wegtrinken» konnte, er ist deshalb unruhig und nervös. Diesen Unruhezustand sucht er jetzt mit nicht-alkoholischen Mitteln zu bekämpfen. Solche «Ersatz-Mittel» müssen wir jedoch ihrer Gefährlichkeit nach unterschiedlich betrachten und bewerten.

Gefährlich sind eine ganze Reihe von «Ersatz-Mitteln», die – ähnlich wie der Alkohol – zu körperlichen Schäden und zu Abhängigkeit führen können, z.B. bestimmte Medikamente (manche Psychopharmaka, Schmerz- und Schlafmittel) oder Tabakwaren.

Primär ungefährlich ist es, wenn der Alkoholabhängige auf Dinge «umsteigt», die ihm auch sonst gut schmecken (z.B. Kuchen, Schokolade) oder einfach auf nicht-alkoholische Getränke (z. B. Wasser, Limonaden).

Neben dem oben beschriebenen Effekt, mit diesen Mitteln den vorhandenen Unruhezustand bekämpfen zu wollen, dürften auch Probleme einer körperlichen und psychischen Gewöhnung eine Rolle spielen. Vom körperlichen Aspekt her dürften Flüssigkeits- und Kohlenhydratzufuhr Mangelerscheinungen ausgleichen, die durch Alkohol selbst oder durch sein schnelles Absetzen entstanden sind. Vom psychischen Aspekt her wissen wir, dass «viel Essen» oder «viel Trinken» am ehesten Verhaltensweisen darstellen, die aufgrund von Gewohnheit entstanden sind.

Teufelskreise der Alkoholabhängigkeit

Teufelskreise der Alkoholabhängigkeit

Wer wird vom Alkoholismus betroffen (Ausbreitung)?

Der Alkoholismus ist eine Krankheit, die in fast allen Teilen und Altersstufen unserer Bevölkerung zu beobachten ist: bei Frauen und Männern, bei Erwachsenen und Jugendlichen. Alkoholkranke finden sich in allen sozialen Schichten und Berufsgruppen, wenn auch unterschiedlich häufig.

Nach den neuesten Untersuchungen beträgt die Anzahl der behandlungsbedürftigen Alkoholkranken in der Bundesrepublik Deutschland ca. 2-3% der Gesamtbevölkerung; dieser Prozentsatz entspricht somit einer Gesamtzahl von 1,2-1,8 Millionen Alkoholkranken.

Auch in Österreich beträgt die Anzahl der behandlungsbedürftigen Alkoholkranken 2-3% der Bevölkerung; insgesamt ist somit in Österreich mit ca. 140000-210000 Alkoholkranken zu rechnen.

In der Schweiz wird die Zahl der Alkoholkranken auf mindestens 2% der Gesamtbevölkerung (d. h. mindestens 130000) geschätzt.