Co-Abhängigkeit: Wenn die Sucht übergreift

Wenn ein nahestehender Mensch an einer Abhängigkeit leidet, dann ist das für Betroffene schwer. Kommt die sogenannte Co-Abhängigkeit ins Spiel, sind die Angehörigen nicht mehr länger nur beteiligt, sondern direkt betroffen.

Darum geht es bei der Co-Abhängigkeit

Co-AbhängigkeitGenerell wird unter Co-Abhängigkeit ein psychisches Phänomen verstanden, bei welchem die Angehörigen eines Suchtkranken die Sucht durch Unterlassung fördern oder sogar selbst in besonderer Form unter der Sucht leiden. Oftmals gibt es im Hinblick auf die Intensität des Leidensdrucks keinen großen Unterschied mehr zwischen dem Süchtigen und dem nahen Angehörigen mit einer Co-Abhängigkeit.

Unter dem Begriff Co-Abhängigkeit versteht man des Weiteren ein ganz bestimmtes Verhalten von Menschen, die sich in einer engen Beziehung befinden: Wer sich auf einen Menschen einlässt, der an einer Sucht leidet, ist abhängig vom aktuellen Befinden des Erkrankten. In diesem Fall geht es auch um fehlende Anerkennung und Zuneigung vonseiten des Nahestehenden. Diese Bedürfnisse können Suchtkranke in der Regel nicht erfüllen.

Co-Abhängigkeit verläuft phasenweise

Experten haben beobachtet, dass sich eine Co-Abhängigkeit erst nach und nach aufbaut und in drei typischen Phasen verläuft.

Die sogenannte Beschützerphase wird dadurch definiert, dass die Angehörigen den Suchtkranken nach außen hin abschirmen und sein Verhalten entschuldigen oder verteidigen. Zudem bringen sie dem Betroffenen Mitgefühl entgegen, obwohl eigentlich bereits klar ist, dass dieser an einer Sucht erkrankt ist. Dennoch hoffen die Angehörigen, dass der Erkrankte aus eigener Kraft wieder aus der Sucht findet.

In der Kontrollphase übernehmen die Betroffenen mehr und mehr die Kontrolle. Sie erfüllen die Aufgaben des Erkrankten, die er selbst nicht mehr erfüllen kann. Das tun sie in erster Linie, damit Außenstehende nichts von der Sucht erfahren und um dem Süchtigen aktiv zu helfen. Viele Co-Abhängige gehen außerdem dazu über, dass sie die Suchtmittel verstecken oder anderweitig versuchen, den Süchtigen davon fernzuhalten.

In der dritten Phase, der sogenannten Anklagephase, ändert sich die Grundstimmung der Betroffenen schlagartig. Sie reagieren nicht mehr beschützend, sondern richten die innere Verzweiflung und die Aggressionen gegen den Süchtigen. Das geschieht aus einem Gefühl der Hilflosigkeit heraus. Schließlich suchen sie Hilfe bei Außenstehenden, sofern es diese Personen im nahen Umfeld gibt.

Ursachen für die Co-Abhängigkeit

In der Regel handelt es sich um eine Art Abwehrverhalten der Betroffenen. Um die eignen Probleme zu überdecken, konzentrieren sich Co-Abhängige auf die an einer Sucht erkrankten Person. Eine erhöhte Hilfsbereitschaft sorgt dafür, dass sich Betroffene besser fühlen und sich selbst vom eigentlichen Problem – der Sucht – ablenken können. Eine weitere Ursache für die Co-Abhängigkeit ist die Hilflosigkeit der Menschen. Wenn ein Angehöriger an einer Sucht erkrankt, steht die Familie oder der Partner oftmals hilflos daneben. Um überhaupt etwas zu tun, entwickelt sich eine Art Helfersyndrom.

Co-Abhängigkeit von außen schwer zu erkennen

Wer nicht gerade zum engsten Kreis Betroffener gehört, der kann eine bestehende Co-Abhängigkeit nur schwer von außen erkennen. Da sowohl der Suchtkranke als auch seine Angehörigen gerade zu Anfang alles dafür tun, um die Sucht und deren Auswirkungen zu vertuschen, ahnen Freunde und Bekannte lange Zeit nichts. Finden Sie heraus, was sich hinter verschlossenen Türen abspielt, besteht die Co-Abhängigkeit in der Regel bereits sehr lange.

Betroffen sind von der Co-Abhängigkeit zumeist die Kinder der Betroffenen. Diese müssen nicht unbedingt im gleichen Haushalt leben, sondern können auch bereits erwachsen sein. Partner eines Suchtkrankheiten sind ebenfalls besonders gefährdet, in die Co-Abhängigkeit zu rutschen. Durch das häufige Zusammensein ist dieses Phänomen fast unvermeidlich.

Hilfe für Co-Abhängige

Co-Abhängigkeit
Um mit Betroffenen über die Co-Abhängigkeit zu sprechen, bedarf es Fingerspitzengefühl.

Wer Betroffenen helfen möchte, der sollte offen und mit viel Fingerspitzengefühl auf denjenigen zugehen und die Hilfe anbieten. Wird hierbei ersichtlich, dass der Co-Abhängige noch nicht bereit ist, offen über die Probleme zu sprechen, müssen Außenstehende viel Geduld aufbringen. Es hilft bereits, wenn diese jederzeit erreichbar sind und sich Sorgen und Nöte anhören.

Co-Abhängige selbst haben den ersten Schritt bereits getan, indem Sie das eigene Problem erkennen. Es hilft, wenn sich Betroffene vom Suchtkranken distanzieren und das eigene Selbstwertgefühl stärken. Hier sollten sich Angehörige vor Augen führen: Nur wer selbst stark genug ist, kann dem Suchtkranken beim Entzug und der anschließenden Genesung helfen.

Aus der Abhängigkeit befreien mittels Therapie oder aus eigener Kraft

Der erste Ansprechpartner ist immer der Hausarzt. Hier können sich Betroffene aussprechen und anschließend gemeinsam mit dem Experten überlegen, welche Maßnahmen getroffen werden. Oftmals ist eine Psychotherapie sinnvoll, um Co-Abhängige zu stärken und damit indirekt auch den Süchtigen zu helfen. Alternativ zu einer Therapie kann der Besuch einer Selbsthilfegruppe sehr hilfreich sein. Hier bekommen Angehörige Rat von Betroffenen und von Beratern, die selbst viel Erfahrung mitbringen.

Einige Co-Abhängige schaffen es auch, sich ganz ohne eine Therapie aus ihrem Dilemma zu befreien. Sich selbst wieder als eigenständige Person wahrzunehmen, ist in diesem Fall sehr wichtig. Dieser Schritt hilft auch dabei, im Notfall auf Abstand gehen zu können. Hier gilt: Schadet die Beziehung zu einem Süchtigen, so muss diese beendet oder zumindest zeitweise unterbrochen werden. Zeigt sich ein Einsehen und ein aktives Mitwirken des Süchtigen, kann der Kontakt wieder aufgenommen werden.