Viele Alkoholkranke benutzen statt Alkohol bestimmte Medikamente, die ähnlich wie Alkohol zu schweren körperlichen Schäden und zu Abhängigkeit führen können. Zu diesen Medikamenten gehören:
– manche Schmerzmittel,
– Beruhigungs- und Hustenmittel,
– Schlafmittel,
– Aufputschmittel,
– manche Appetitzügler und Abführmittel.
Besonders gefährlich ist es, wenn diese Medikamente gleichzeitig mit Alkohol eingenommen werden. Allerdings werden diese Medikamente auch von vielen Menschen, die keine Alkoholprobleme haben, missbräuchlich verwendet, d. h. ohne ärztliche Anweisung bzw. in einer Dosierung eingenommen, die über die ärztliche Verordnung hinausgeht.
Viele Medikamente sind sogenannte Kombinationspräparate. Dies bedeutet, dass sie jeweils verschiedene Wirkstoffe enthalten, z. B. enthalten Grippemittel im allgemeinen Wirkstoffe gegen Schmerzen, Fieber, Husten und Schleimhautanschwellung. Jeder Wirkstoff greift sozusagen an einem anderen Punkt im Körper an. Bei langdauernder Einnahme und hoher Dosierung können deshalb durch die Medikamente auch ganz spezifische Schäden im Organsystem hervorgerufen werden.
Wirken Beruhigungsmittel (Tranquilizer) wirklich nur beruhigend?
Unter dem Begriff „Tranquilizer“ werden verschiedenartige Medikamente zusammengefasst. Sie haben zwar alle eine beruhigende und angstlösende, oft auch eine schlaffördernde Wirkung. Sie können in akuten Belastungssituationen durchaus hilfreich sein. Einige von ihnen haben aber die Eigenschaft, Abhängigkeit zu entwickeln. Darunter sind solche, die am häufigsten benutzt werden (Benzodiazepine wie Lexotanil oder Valium), aber auch Distraneurin und die älteren Schlafmittel (vor allem sogenannte Barbiturate), die in niedriger Dosierung als Beruhigungsmittel verordnet werden. Alle diese Mittel verlieren bei längerem Gebrauch mehr oder minder schnell ihre beruhigende Wirkung, so dass die Dosis gesteigert werden muss, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Werden sie dann rasch abgesetzt, kann es zu langdauernden Entzugserscheinungen mit Krampfanfällen und Erregungszuständen kommen, in schweren Fällen verbunden mit Angst und Sinnestäuschungen. Bei Benzodiazepinen ist auch niedrige, bestimmungsgemäße Anwendung problematisch, wenn sie über einige Wochen fortgesetzt wird. Beim Absetzen können nämlich ähnliche Entzugserscheinungen auftreten wie nach überhöhter Dosierung.
Können Hustenmittel zur Abhängigkeit führen?
Ja, wenn sie Stoffe enthalten, die auf das Gehirn einwirken, vor allem das vom Schlafmohn abgeleitete Codein, das zu den Opiaten gerechnet werden muss. Es hat nicht nur hustenreiz- und schmerzlindernde Eigenschaften, sondern kann wie andere Opiate und Alkohol zu Abhängigkeit führen.
Helfen Schlafmittel schlafen?
Schlafmittel sind keine Heilmittel. Schlafmittel werden zwar gegen Schlafstörungen eingenommen, aber sie beseitigen nicht deren Ursache. Häufig liegen die Gründe in erhöhten Belastungen im Beruf, Sorgen und Ärger im Privatleben oder auch einfach im Lärm, der ins Schlafzimmer dringt, Schnarchen des Partners u.a. Es gilt deshalb jeweils, die Ursachen der Schlafstörungen zu beseitigen und nicht, mit Medikamenten den Schlaf zu regulieren. Der steigende Umsatz von Schlafmitteln ist nicht darauf zurückzuführen, dass immer mehr Leute an Schlafstörungen leiden, sondern vornehmlich darauf, dass diese Medikamente häufig über Wochen und Monate hinweg eingenommen werden.
Den Schlaf, den man über Medikamente erzielt, kann man als „geborgten“ Schlaf bezeichnen. Nach der Einnahme eines Schlafmittels nimmt anfangs die Gesamtschlafdauer für einige Zeit zu. Alle Schlafmittel verlieren nach längerem Gebrauch an Wirksamkeit (Toleranzentwicklung). Somit verbleiben eigentlich nur noch 2 Möglichkeiten: entweder die Dosis zu steigern oder aber mit dem Medikament völlig aufzuhören. Setzt man das Präparat tatsächlich ab, schläft man in der Folge sehr schlecht oder gar nicht, weil der Körper es „verlernt“ hat, ohne Medikamente zu schlafen. Oft entwickelt sich Angst davor, nicht ein- oder durchschlafen zu können. Aus dieser Angst heraus, die selbst wieder einen gesunden, nicht „geborgten“ Schlaf verhindert, wird schließlich in vielen Fällen wiederum zum Schlafmittel gegriffen. Dies bedeutet: je länger jemand Schlafmittel einnimmt, desto zwangsläufiger entwickelt sich – ähnlich wie beim Alkohol – eine körperliche und psychische Abhängigkeit von diesem Mittel.
Sind Schmerzmittel ungefährlich?
Schmerzen sind nicht immer ein Symptom für eine organische Krankheit, sondern können auch dringende Alarmzeichen für seelische Probleme, wie z.B. Partnerkonflikte, Überforderungen im Beruf usw., sein. Es ist deshalb in jedem Falle erforderlich, ärztlichen Rat einzuholen. Geradezu unverantwortlich ist es, Schmerzen in Eigenbehandlung bekämpfen zu wollen. Viele Schmerzmittel haben gefährliche Nebenwirkungen, die je nach Zusammensetzung des jeweiligen Medikamentes unterschiedlich sind. So können z.B. bei langdauerndem Gebrauch bestimmter Mittel Blutschäden und Nierenschädigungen auftreten. Hinzu kommt, dass diese Medikamente häufig kombiniert sind mit Wirkstoffen, welche die Stimmung verbessern. Gerade dieser angenehmen Wirkung wegen werden Schmerzmittel häufig über längere Zeit eingenommen. Es kommt auch hier zur Abhängigkeit.
Oftmals ist auch zu beobachten, dass die Kopfschmerzen, also der ursprüngliche Anlass für die Einnahme der Mittel, durch den längeren Schmerzmittelgebrauch noch zusätzlich verstärkt werden, was schließlich wiederum zu einer Dosissteigerung führt. Es kommt damit zur paradoxen Erscheinung, dass durch das Kopfschmerzmittel Kopfschmerzen erzeugt werden. Beim Absetzen des Medikamentes können dann ebenso wie beim Alkohol körperliche Entzugssymptome auftreten.
Bei schweren Schmerzen müssen oft starke Mittel eingesetzt werden, die vor allem auf das Gehirn wirken. Sie gehören meist zur Stoffgruppe der Opiate bzw. ihrer Abkömmlinge. Alle diese Mittel können zu Abhängigkeit führen, die noch ausgeprägter sein kann als die von Alkohol. Deswegen unterliegen auch diese Stoffe einer besonders strengen Verschreibungsordnung (gemäß Betäubungsmittelgesetz).
Lassen sich Schlaf und Hunger „ungestraft“ unterdrücken?
Aufputschmittel sollen wachhalten, das natürliche Bedürfnis nach Entspannung und Schlaf unterdrücken. Sie können das (bis zu einem gewissen Grad), aber sie tun gleichzeitig noch mehr: sie unterdrücken das Hungergefühl und steigern den Blutdruck. Dies kann zu schweren Kreislaufbelastungen führen, bei chronischem Gebrauch verschiedentlich auch zu Krampfanfällen und Geisteskrankheiten. Da Aufputschmittel oft das Gefühl gesteigerten Wohlbefindens und größerer Leistungsfähigkeit vermitteln, führen sie leicht zu (psychischer) Abhängigkeit. Eine Unterdrückung des Hungergefühls wird durch die sogenannten Appetitzügler erreicht, die oft von Personen verwendet werden, die ihr Körpergewicht reduzieren wollen. Bei den meisten Appetitzüglern ist aber mit ähnlichen Nebenwirkungen zu rechnen, wie sie bei den Aufputschmitteln geschildert wurden.
Manche Menschen benutzen zur Gewichtsreduktion, aber auch wegen ständiger Obstipation (Stuhlverstopfung) regelmäßig Abführmittel, die ganz unterschiedlichen Stoffgruppen angehören. Bei chronischem Gebrauch kann Gewöhnung eintreten, die Dosissteigerung zur Folge haben kann; außerdem besteht die Gefahr der Verarmung des Körpers an bestimmten lebenswichtigen Mineralien (z.B. Kalium).